Aus Heft 8/2001 von "Unsere Windhunde", dem Verbandsorgan des Deutschen Windhundzucht- und Rennverbandes (DWZRV)

Sozialisierung und Erziehung
des Irish Wolfhounds

von Angelika Giessl,
Tullaghan’s Irish Wolfhounds

Der Großteil dieses Beitrags gilt genauso gut auch für alle anderen Windhunde, und vieles davon sogar für überhaupt jeden Hund. Da auch der Irish Wolfhound schlußendlich ein Hund ist (wenn auch, speziell in den Augen der Liebhaber der Rasse, ein ganz besonderer), gibt es nicht sehr viel zum Thema Erziehung zu sagen, was nur auf ihn allein zutreffen würde. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist es einmal dringend nötig, daß etwas zu seiner Erziehung gesagt wird.

Die aktuelle Situation
In Zeiten erhitzter "Kampfhund-Diskussionen", anwachsender Hundefeindlichkeit in der Gesellschaft sowie panikartig erlassener Gesetzesentwürfe und Verordnungen zum Thema Hundehaltung, wird auch der Irish Wolfhound plötzlich zur gefährdeten Rasse. Denn aufgrund seiner Größe schwebt ständig ein Damoklesschwert über ihm, das ihn Kraft behördlichen Beschlusses jederzeit zum gefährlichen Hund abstempeln könnte, in der Annahme, "daß die größte Hunderasse doch wohl gefährlich sein müsse." Diesen Riesenirrtum zu verhindern, liegt in den Händen all derer, die Irish Wolfhounds halten oder auch züchten. Man kann sich keineswegs darauf verlassen, daß bei drohenden Maßnahmen gegen die Rasse die Argumente schon helfen würden, daß es sich beim IW um einen Windhund handelt (wobei in einigen Bundesländern bereits "Hunde, die zum Hetzen von Wild neigen" in der Liste der gefährlichen Hunde geführt werden, was alle Windhundhalter sich einmal genauestens vor Augen halten sollten!) und nicht um einen Kampfhund, daß er aufgrund seiner Sanftheit nicht einmal als Wach- oder Schutzhund taugen würde, daß er ja so schmusig und lieb sei etc. Solche Argumente zählen in Zeiten sensationsgieriger Massenmedien (und bei der Angst der Politiker vor diesen) überhaupt nicht. Nur ein schlimmer Vorfall würde vermutlich schon ausreichen, um die ganze Rasse in Verruf zu bringen – was für uns alle fatale Folgen haben könnte. Das einzige Argument, das zählt (und auch das nur, wenn die Vernunft nicht ganz abgeschaltet wird), ist eine Rasse mit ausschließlich wohlerzogenen, angenehmen, friedfertigen, freundlichen und sich aufgeschlossen und rücksichtsvoll verhaltenden Hunden – und ebensolchen Haltern. Dazu gehören z.B. auch so banale Dinge wie strategisch ungünstig plazierte "Haufen" wegzuräumen, nur so viele Hunde auf einmal auszuführen, daß man sie jederzeit und in jeder Situation immer unter Kontrolle halten kann, und die Hunde nicht einfach auf jeden zustürmen lassen. Es soll Leute (und Hunde) geben, die sich fast zu Tode erschrecken, wenn so ein Riese auf sie zurennt (und sei es in noch so guter Absicht); das müssen wir respektieren!

Ein weiterer Punkt, der Grund zur Besorgnis gibt, sind die zunehmenden Klagen über IWs mit schlechtem Wesen – sei es nun Ängstlichkeit (ich spreche hier nicht von lediglich etwas zurückhaltenden Hunden), oder, was glücklicherweise nicht so oft vorzukommen scheint, Aggressivität. Wobei der Grund für die Aggressivität nicht selten auch in ursprünglicher Ängstlichkeit zu suchen ist, doch dazu später etwas mehr.

Von den wirklich extrem seltenen Einzelfällen einmal abgesehen, in denen ein Hund einen nicht vom Menschen verursachten "Dachschaden" hat, sondern dieser durch eine Laune der Natur bzw. durch Krankheit entstanden ist, handelt es sich so gut wie immer um Haltungs-, bzw. Erziehungsfehler.

Grundlage der Erziehung: die Rangordnung
Auch der Irish Wolfhound muß erzogen werden. Man kann leider gelegentilch lesen und hören, daß er "so lieb ist, daß er von selbst weiß, was zu tun ist", und "daß er überhaupt keine Erziehung benötigt" (was leider so mancher unbedarfter Welpenkäufer dann auch glaubt). In Windhundkreisen ist auch die irrige These sehr beliebt, daß man Windhunde nicht erziehen könne, bzw. sogar nicht erziehen dürfe (weil das angeblich ihren Stolz bricht o.ä.). All dieses ist natürlich blanker Unsinn, denn auch Wind- und Wolfshunde sind echte Hunde, und damit die Rudeltiere schlechthin (gerade Windhundhalter sind ja meist mächtig stolz darauf, daß ihre Rassen so problemlos im Rudel zu halten sind – und tun das auch sehr gern und häufig). Für einen Hund ist eine Rangordnung – und damit auch eine Erziehung durch andere "Rudelmitglieder" – das natürlichste von der Welt, sogar lebensnotwendig (das merkt man spätestens dann, wenn er seinerseits die Rangordnung herstellt, weil es kein anderer tut). In erstaunlich vielen Fällen geht diese Nicht-Erziehung beim IW dann trotzdem relativ glimpflich ab (Glück gehabt – sonst nichts!). Aber man kann nicht automatisch davon ausgehen, dieses Glück auch zu haben, wie man immer wieder an unglücklichen Besitzern mit ihren ebenso unglücklichen Hunden sehen kann, die dann oft ein tragisches Schicksal erleiden. Ich will es hier in aller Deutlichkeit sagen: Es gibt keine Hunderasse (ob groß oder klein), die nicht erzogen werden müßte, und die nicht eine gewisse Rangordnung für ihr Leben bräuchte! Bei einem so großen Hund ist es lediglich erheblich auffälliger und unangenehmer, wenn er unerzogen ist, und kann evtl. auch gefährlich werden. Wer einen Hund sucht, der keiner Erziehung bedarf, der muß wohl oder übel auf Porzellanhunde o.ä. zurückgreifen.

Wodurch sich Hunde, sowohl von der Rasse als auch vom individuellen Charakter her, allerdings sehr wohl unterscheiden, ist die Schwierigkeit, bzw. Leichtigkeit, mit der sie erzogen werden können, und die dadurch erforderliche Herangehensweise an die ganze Sache, sowie ihre Reizschwelle.

Besondere Wesenszüge beim Irish Wolfhound
Es gibt Hunde(-rassen), denen man (etwas überspitzt dargestellt) als Besitzer mindestens fünfmal täglich beweisen muß, daß man der "Herr im Hause" ist, denen man z.B. nicht ein einziges Mal beim Durchschreiten einer Türe den Vortritt lassen darf, ohne Gefahr zu laufen, seine Vorrangstellung ins Wanken zu bringen; solche, die man den ganzen lieben langen Tag beschäftigen und fordern muß, um selbst seinen Status als Chef nicht in Zweifel geraten zu lassen. Zu diesen gehört der Irish Wolfhound glücklicherweise nicht. Ein solches Verhalten seines Besitzers würde ihn wahrscheinlich eher befremden und irgendwann einmal "auf Durchzug schalten" lassen; er würde vermutlich überhaupt nicht mehr auf irgendwelche Kommandos reagieren, weil er sie als Schikane empfände, oder aber er würde zu einem sehr nervösen Hund, der – durch die ständigen Anforderungen gestreßt – vielleicht auch hyperaktiv wird. Der Irish Wolfhound braucht eine solche "Dauer-Power-Behandlung" also nicht – und den Liebhabern der Rasse wäre dies, da sie meist ähnlich gemütlich wie ihre Hunde veranlagt sind, sicherlich auch viel zu anstrengend. Was jedoch nicht heißen soll, daß IWs alle von Haus aus "Schlaftabletten" sind. Ein echter Irish Wolfhound kann durchaus jede Menge Lebensfreude, Temperament und Energie versprühen – und dabei trotzdem gut erzogen sein und sich benehmen. Die Reizschwelle des IW ist von Natur aus extrem hoch angesiedelt, d.h. es muß schon sehr viel passieren, bevor ihm einmal der Geduldsfaden reißt, bzw. bevor er (tatsächliche oder vermeintliche) Aggressionen erwidert.

Die Züchter dieser Rasse waren sich zu allen Zeiten bewußt, daß so ein großer und kräftiger Hund dem Menschen gegenüber stets absolut wohlgesonnen und friedlich sein muß, um ihn überhaupt halten zu können. Auch hätte wohl niemand die Irish Wolfhounds im Haus haben wollen (und wie Sagen, Geschichtsschreibung und manche Ritterfilme zeigen, hat der IW dieses Privileg schon von alters her), wenn sie bei ihrer Kraft und Größe nicht absolut friedfertig gewesen wären. Es war sicherlich auch ein Glücksfall, daß der Irish Wolfhound seit mindestens 150 Jahren, spätestens also seit der "Restauration" der Rasse im 19. Jahrhundert, im Gegensatz zu fast allen anderen Hunderassen keinen besonderen "Zweck" erfüllen mußte, sondern (mit einigen ganz wenigen Ausnahmen, wo man ihn vielleicht doch noch ab und zu zur Jagd verwendete) "nur" als Kamerad, als Familienhund, gelegentlich sicherlich auch als Statussymbol oder "Luxusartikel" diente, zur reinen Freude der, meist wohlsituierten, Leute. Denn nur die konnten sich den Luxus eines "unnützen Fressers" in noch dazu dieser Größenordnung leisten. Da war natürlich Friedfertigkeit dem Menschen und anderen Tieren gegenüber ein absolutes Muß. Man stelle sich vor, was aus der Rasse geworden wäre, wenn sie damals in die falschen Hände geraten und z.B. zum Wach- und Schutzhund "umfunktioniert" worden wäre... Und der Umstand, daß sich schon immer sehr viele Frauen mit der Zucht und Haltung des IW beschäftigten, deren Ansprüche an einen Hund und seine leichte Erziehbarkeit und Sanftheit sich zumindest früher doch noch viel deutlicher von denen der damaligen Männer unterschieden haben mag, könnte noch ein Übriges dazu getan haben, daß hier eine Rasse mit einem ganz wunderbaren und sanftmütigen Wesen entstanden und erhalten worden ist. Dabei kann man dem Irish Wolfhound auch eine ganze Menge beibringen. Laut der (fälschlicherweise oft als "generelle Intelligenz-Rangliste" mißverstandenen) Liste der "Rangfolge von Hunden nach Gehorsams- und Arbeitsintelligenz" (welche ja nur einen Teil der Intelligenz eines Hundes ausmacht) ist er führend unter allen Windhunden und liegt in der Gesamtwertung von 133 Rassen, die sich auf 79 Plätze verteilen, immerhin auf Rang 41, d.h. im oberen Bereich der Hunde mit durchschnittlicher Gehorsams- und Arbeitsintelligenz (Rang 40 bis 54). Und durchschnittlich ist schon recht viel, wenn man bedenkt, daß Hunde an sich ja recht intelligent und lernfähig sind und aufgrund ihrer Eigenschaften als Rudeltier auch recht anpassungsfähig und kooperativ.

Mit seinem eher gemütlichen Charakter hat der Irish Wolfhound in der Regel keine größeren Ambitionen, seine Menschen mit Machtspielchen (oder gar -kämpfen) zu tyrannisieren, solange die sich selbst die Mühe machen, die anstrengende Rolle des Rudelführers wenigstens ansatzweise zu übernehmen. Manche lieben zwar gelegentliche Scherze mit ihren Menschen (z.B. mal weglaufen nach dem Motto "Fang mich doch!", wenn man sie ruft, aber das ist eher Spiel – man sollte trotzdem versuchen, es dem Hund abzugewöhnen), aber an einer ernsthaften Auseinandersetzung sind sie im Normalfall nicht interessiert. Der Unterschied in der Erziehbarkeit ist bei den IWs zudem nicht ganz so groß und geschlechtsabhängig wie bei vielen anderen Rassen, sondern mehr eine Frage des individuellen Charakters. Solange ein Chef da ist, ist die Welt für den IW in Ordnung, und er wird nicht daran rütteln. Was aber voraussetzt, daß ihm begreiflich gemacht wurde, wer der Chef ist, und daß er selbst in der Familie an letzter Rangposition steht, weil alle Menschen über ihm stehen. Dies zu klären erfordert beim Irish Wolfhound meist nicht viel mehr als ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Hund, eine Art "natürliche Autorität" des Halters (sinnlose Schikanen, hysterisches Herumgezeter, unbeherrschtes Brüllen, Mißhandlungen etc. haben damit absolut nichts zu tun! Auch von Unterdrückung oder "Brechen" des Hundes ist hier nicht die Rede!) sowie vor allen Dingen Konsequenz bei der Erziehung, jedoch ohne jegliche unnötige Härte. Manchen Hunden ist die vom Menschen gewünschte Rangordnung damit schon von Anfang an klar, manchen muß man es vielleicht auch ein- bis zweimal etwas deutlicher sagen (das hängt auch vom individuellen Charakter des Tieres ab). Aber spätestens dann ist in der Regel für den Irish Wolfhound die Rangordnung Mensch – Hund ein für alle Mal hergestellt, und nur wenige Exemplare benötigen danach noch gelegentlich eine Auffrischung dieser Erkenntnisse.

Rudelverband Mensch - Hund
Am besten funktioniert dies alles natürlich, wenn Menschen und Hunde wirklich ein Rudel bilden, die Hunde also als vollwertige Familienmitglieder leben (wohlgemerkt aber auf den ihnen zukommenden "hinteren Plätzen" und ohne sie zu sehr zu vermenschlichen – ein bißchen tun wir das wohl fast alle mit unseren Lieblingen, aber ein Zuviel würde ihnen nicht gerecht und sie eher unglücklich als glücklich machen!). Wo die Hunde ihr eigenes Rudel bilden (in dem natürlich dann – mangels menschlichem Chef – auch einer der Hunde die Führung übernimmt, und die Menschen bestenfalls ein befreundetes, vielleicht auch "mächtigeres", aber eben doch eigenständiges Rudel darstellen), gestaltet sich das sicherlich viel schwieriger. Solch ein "eigenes Rudel" kann übrigens auch aus nur einem einzigen Hund bestehen (z.B. ein einsamer Hofhund, der immer nur draußen und ohne viel menschliche Zuwendung lebt)!

Die Rangordnung ist nur der erste Schritt in der Erziehung, und vor allen Dingen beim Erwerb eines Welpen zu Beginn ohnehin schon "naturbedingt" (weil das jüngste, bzw. neueste Familienmitglied eben "ganz unten" anfängt, das weiß der Welpe), und muß dann nur noch aufrecht erhalten werden. Sie kann im "Flegelalter" durchaus einmal der Klarstellung bedürfen, dann aber bitte wirklich klar und deutlich, so daß der Hund auch ganz bestimmt versteht, was Sie meinen, und daß Sie ihn meinen! Bei "Problemhunden mit Vergangenheit" bzw. erwachsenen "Neuerwerbungen" kann es da ganz rasseunabhängig auch schon mal nicht so einfach werden.

Doch zur Charakterbildung des Hundes gehört natürlich wesentlich mehr. Dies hier soll kein Leitfaden über Hundeerziehung werden, und auch keine Anleitung dafür, wie man dem Hund einzelne Dinge beibringt. Ich möchte mich lediglich auf ein paar Grundzüge, Eckpunkte und Beispiele beschränken, manches auch etwas genauer ausführen, und aufzählen, was als Erziehungsziel dienen kann (und muß), und wie man dieses Ziel erreichen kann (wobei nachfolgende Liste nicht nach Wichtigkeit geordnet ist!).

Ziele der Hundeerziehung

Diese Liste ist keineswegs vollständig, und doch schon ziemlich lang. Sie enthält nur ein paar Beispiele, die für den Alltag mit einem Hund wirklich unentbehrlich sind, jedoch noch keinerlei Besonderheiten, wie z.B. kleine Kunststückchen etc., wobei auch das durchaus mit einem IW möglich ist, wenn man will.

Die drei Säulen
Die Erziehung/Charakterbildung des Hundes, und damit das Erreichen dieser Ziele, fußt auf drei Säulen:

Beeinflussung durch die Elterntiere
(genetisch, aber auch z.B. durch "schlechtes Vorbild" einer nicht wesensfesten Mutter für die Welpen):
Bei der Auswahl der Elterntiere sollte selbstverständlich immer auf das Wesen geachtet werden, und nicht nur auf körperliche Vorzüge, denn zum Teil ist es ererbt. Verschiedene Wesensmerkmale sollen eine unterschiedlich hohe Erblichkeit (d.h. die Wahrscheinlichkeit, bzw. der Anteil, mit dem sie vererbt sind/werden) haben. Bei Werten unter 20 % sprich man von niedrige Erblichkeit, während Werte von über 50 % als hohe Erblichkeit gelten (100 % werden nie erreicht). Die Erblichkeitszahlen für die einzelnen Wesenseigenschaften des Hundes sind naturgemäß nur schwer zu messen, weshalb es sich auch eher um Schätzungen handelt. Dennoch hat man herausgefunden, daß z.B. Aggressivität gegenüber Menschen eine hohe Erblichkeit hat und Aggressivität gegenüber anderen Hunden nur eine mittlere, und es demzufolge auch von einander unabhängige Wesenszüge sind. Scheuheit hat ebenfalls eine mittlere Erblichkeit.

Daß das Wesen u.a. auch erblich bedingt ist, ist schon daran zu erkennen, daß unterschiedliche Rassen durch unterschiedliche Wesensmerkmale und Charaktereigenschaften gekennzeichnet sind – oder besser durch unterschiedlich starke Ausprägung derselben (ganz unabhängig von den Schwankungen innerhalb einer einzelnen Rasse). Je nach Verwendungszweck wurde auf gewisse Charaktereigenschaften hin selektiert. Diese Selektion aufgrund von Wesensmerkmalen über viele Generationen war vermutlich sogar der Grundstein zur Entstehung der verschiedenen Hunderassen, denn auf ein einheitliches Erscheinungsbild wurde in den ersten paar Tausend Jahren der gemeinsamen Geschichte von Mensch und Hund nur wenig geachtet; es zählte einzig die Tauglichkeit für bestimmte Aufgaben – und damit (von einer für die jeweilige Aufgabe erforderlichen Statur und Fitness einmal abgesehen) vor allen Dingen gewisse Charaktereigenschaften und Fähigkeiten. Die sogenannte Schönheitszucht in ihrer heutigen Form ist eine relativ junge Erfindung, und in Anbetracht dessen, daß die "Lebensaufgabe" der meisten Hunde heutzutage die eines Familien-/Begleithundes ist (zumindest den größten Teil des Tages/Jahres, und dafür ist ein gutes, ausgeglichenes Wesen weit wichtiger als alle Pokale und Schönheitstitel dieser Welt), sollte diesem Punkt in der Zucht doch weitaus mehr Bedeutung zugemessen werden als es teilweise der Fall ist.

Sozialisierung beim Züchter
Auch hier will ich mich nur auf ein paar Beispiele beschränken. Die Erziehung der Welpen beginnt im Optimalfall quasi schon in der Wurfkiste. Die Welpen werden immer wieder herausgenommen, gestreichelt, auch mal gedreht oder in verschiedenen Positionen gehalten, mal kurz auf einen kühleren Untergrund gesetzt, mal kräftig mit einem Handtuch gerubbelt und verschiedenen Geräuschen (Stimmen, Musik, Geschirrklappern, Staubsauger etc.) ausgesetzt – auch schon bevor sie zu hören beginnen, denn zumindest manche Geräusche nehmen sie auch dann schon durch die Vibrationen wahr. Natürlich macht man das nicht ununterbrochen den ganzen Tag (die Kleinen brauchen ja auch Ruhe und viel Schlaf), aber jeden Tag immer wieder. Man nennt dies "Neonatale Stimulation", und es ist bewiesen, daß bereits diese ersten Maßnahmen dazu beitragen, daß die Hunde später leichter mit Streß umgehen können, auf neue Reize nicht überreagieren und sogar manche Dinge leichter lernen, kurzum emotional stabilere Hunde werden.

Wenn die Welpen dann etwas größer sind, bekommen sie unterschiedlichstes Spielzeug (aber möglichst keine Quietschtiere, denn der Hund soll ja loslassen, wenn etwas/jemand beim Reinbeißen quietscht, und sich nicht angewöhnen, stundenlang lustvoll darauf herumzukauen), viel Kontakt zu "fremden Menschen aller Art" (Männer, Frauen, Kinder, Junge, Alte etc.), noch mehr optische und akustische Reize – und natürlich nach wie vor jede Menge Liebe und Zuwendung durch den Züchter. Bei Besuchen, besonders von Kindern, sollte der Züchter immer dabei sein, denn es muß sichergestellt werden, daß alles angenehm für die Welpen verläuft, und gerade Kindern fällt manchmal so einiges ein ... Wenn man keine eigenen Kinder hat, die dann auch noch ihre Schulkameraden mitbringen könnten (bitte nicht die ganze Klasse auf einmal!): die Nachbarskinder oder solche aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis kommen bestimmt gerne. Auch an kleine Stoffhalsbänder kann der Züchter die Welpen schon gewöhnen (aus Sicherheitsgründen besser nur unter Aufsicht Halsbänder anlegen), vielleicht sogar schon ein paar winzige Mini-Spaziergänge an der Leine im Garten oder vor’s Grundstück machen (Welpe zusammen mit Hundemama, mit ein oder zwei Geschwistern und nur mit dem Züchter), damit die Kleinen schon mal ein erstes Gefühl dafür bekommen. Autofahren kann man ebenfalls schon mit ihnen üben. Wenn sie in Hände oder Kleidungsstücke beißen, wird ihnen schon von Beginn an mit sanfter Bestimmtheit klar gemacht, daß man das nicht möchte. Auch das Hochspringen an Personen kann man schon früh zu unterbinden versuchen. Und wenn zwei bei ihren Balgereien zu sehr in Rage geraten (kommt ja bei Menschenkindern auch mal vor) und wie kleine Giftteufelchen aufeinander losgehen, werden sie deutlich zur Ordnung gerufen, z.B. indem man die Übeltäter am Nackenfell hochhebt, ihnen tief ins Auge blickt und ihnen ein scharfes Nein entgegenschmettert. "Nein" ist überhaupt eines der wichtigsten Worte, die ein junger Hund lernen muß.

Mit Welpen, die auch noch nach der zehnten bis zwölften Woche beim Züchter leben (viele Züchter geben sie vorher sowieso nicht ab, da sie von der Mutter und im Zusammenleben mit den Wurfgeschwistern noch so viel lernen können, wozu sie so nie wieder die Gelegenheit haben werden) oder ganz dort bleiben sollen, besucht man vielleicht schon sogenannte Welpenspielstunden, um die Möglichkeiten dieser wichtigen Phase zur Sozialisierung voll auszuschöpfen.

Ein solchermaßen optimal aufgezogener und sozialisierter Welpe wird einen wesentlich leichteren Start "in der großen weiten Welt" und mit seiner neuen Familie haben (und die Familie mit ihm), und hat bereits Dinge gelernt, die den optimalen Grundstock für seine spätere Erziehung und charakterliche Entwicklung bilden. Das Welpenalter ist eine so kurze Zeit im Leben des Hundes, die nie wieder kommt, die sich nie mehr nachholen läßt, und die doch schon so wichtig für das ganze spätere Hundeleben sein kann, daß man sie nicht ungenutzt vorüberziehen lassen sollte. Natürlich dürfen ganz besonders Welpen und Junghunde nicht überfordert werden. Aber es sollte auch nicht passieren, daß aus lauter Angst vor Überforderung, Reizüberflutung und/oder vor Infektionskrankheiten ein Großteil der Sozialisierung versäumt oder auf später – oft zu spät! – verschoben wird.

Erziehung durch den Halter
Den weitaus größten und wichtigsten Part bei der Erziehung und Charakterbildung – und das ein ganzes Hundeleben lang – hat der Besitzer des Hundes. Man sagt nicht umsonst, daß jeder den Hund hat, den er verdient. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, daß der Hund in seinem Wesen durch seine Erfahrungen und die Erziehung noch viel mehr geprägt wird als durch genetische Grundlagen. Der Welpe kann genetisch ein noch so einwandfreies Wesen und eine super Mutter zum Vorbild gehabt haben sowie vom Züchter mit allen erdenklichen Maßnahmen bestens sozialisiert und auf sein späteres Leben vorbereitet worden sein – derjenige, der den Welpen dann übernimmt, kann darauf aufbauen oder aber all diese Mühen in kürzester Zeit völlig zunichte machen und aus dem charakterlich einst so vielversprechenden Welpen einen unerzogenen Flegel, ein seelisches Wrack oder gar eine gefährliche Bestie machen (oft genug auch eine "gute" Mischung aus allen dreien). Umgekehrt hat der neue Besitzer aber auch die Chance, kleinere Versäumnisse des Züchters bei der Sozialisierung wieder gut zu machen, zumindest dann, wenn er den Welpen bis spätestens zur ca. 14. bis 16. Lebenswoche zu sich holt. Da der Irish Wolfhound nicht nur für seine körperliche, sondern auch für seine geistig-seelische Reifung etwas länger zu brauchen scheint als die meisten anderen Rassen, hat man bis zu diesem Alter – wenn manchmal vielleicht auch mit etwas mehr Mühe – noch sehr gute Chancen, so manches auszubügeln, was vielleicht bis dahin versäumt wurde. Wenn ihm beim Züchter in Sachen Sozialisierung und Früherziehung viel geboten wurde, wird es auch mit einem Hund, der dieses Alter schon überschritten hat, keine Probleme geben.

Sich dem Hund verständlich machen
Natürlich ist der Welpe, auch wenn er das eine oder andere schon kennengelernt hat (z.B. die Leine) noch lange nicht perfekt, wenn Sie ihn bekommen. Sie müssen ihm alles beibringen, und dazu müssen Sie ihn verstehen lernen, sich in ihn hineindenken können. Sie müssen sich so verhalten, daß er begreifen lernt, was Sie von ihm wollen und was Sie meinen, und nicht umgekehrt (das wäre wohl ein bißchen viel verlangt). Kein Hund weiß von Natur aus, was z.B. "Sitz!" bedeutet. Deshalb hat es auch keinen Sinn, selbst bei einem erwachsenen Hund, ihn zu schimpfen, wenn er einen unbekannten oder noch nicht fest eingeprägten Befehl nicht ausführt. Helfen Sie ihrem Hund, Sie verstehen zu lernen, vor allen Dingen auch unter Verwendung ihrer Stimme! Am Klang der Stimme erkennt er, auch bei unbekannten Worten, ob Sie ihn loben, ob Sie ihn tadeln (auch das wird später sehr wichtig sein), oder daß Sie ihm einen Befehl geben (aber zunächst natürlich noch nicht, welchen Befehl). Wenn nötig, üben Sie (ohne daß der Hund dabei ist) einmal mit einem Kassettenrecorder, die Stimme entsprechend zu modulieren. Loben Sie, schimpfen Sie, beruhigen Sie, ermuntern Sie, geben Sie Kommandos (beim IW müssen die ganz sicher nicht in militärischem Tonfall sein, aber doch klar und so, daß er weiß "jetzt wird was von mir verlangt") – und hören Sie sich das Ganze danach an! War das überzeugend für einen Hund, der die Sprache als solche ja nicht versteht? Man kann Lob, Tadel etc. allein durch die Stimme und den Tonfall sehr fein dosieren, ganz an die jeweilige Situation und an den Hund angepaßt. Mit der Stimme läßt sich jeder Hund hervorragend anleiten; nach entsprechendem Training auch mit bestimmten Wörtern, bloßen Gesten oder auch nur Blicken, doch bis er das versteht, dauert es wesentlich länger. Die Stimme ist immer das einfachste und sicherste Mittel, deshalb sollte man als Hundebesitzer auch lernen, sie entsprechend zu gebrauchen.

Durch Lob und positive Anreize lernt der Hund am liebsten – und folglich am effektivsten. Strafe und Tadel müssen (da sie manchmal leider unumgänglich sein werden) ebenfalls hundegerecht sein, d.h. vor allen Dingen verständlich und sofort (Lob übrigens auch). Schon eine halbe Minute später ist viel zu spät – und ein Vortrag am Abend, weil er irgendwann am Tag einen Krater ins Tulpenbeet gebuddelt hat, stößt auf völliges Unverständnis, auch beim klügsten Hund. Von Schlägen sollte man sowieso absehen, und wenn man sie doch anwendet, dann nur bei wirklich ganz groben Vergehen (eigentlich nur bei aggressivem Verhalten), und auch dann bitte nicht den Hund "blindwütig verdreschen" (das macht alles nur schlimmer und ist überdies Tierquälerei!). Eine "Ohrfeige" reicht bei einem Hund, der nicht durch ständige Schläge wegen jeder Kleinigkeit schon total abgestumpft ist, völlig aus, um ihm zu zeigen, daß er sich gerade absolut falsch benommen hat, und Sie in keinster Weise gewillt sind, so etwas zu dulden. Aber wie gesagt, man sollte, wenn überhaupt, auch nur sehr sparsam und ganz gezielt damit umgehen. Ansonsten reicht je nach Situation meist die scharfe Stimme, der Schnauzengriff, eine Wurfbüchse oder -kette, strafende Mißachtung für einige Zeit (nach entsprechendem Schimpfen) o.ä.

Konsequenz von Anfang an
Von Anfang an sollte man sich im Klaren darüber sein, was der Hund darf und was nicht. Lassen Sie z.B. nicht den Welpen auf die Couch, wenn Sie es beim ausgewachsenen Hund später einmal nicht mehr haben wollen. Wenn er in gewisse Räume des Hauses nicht gehen soll, dann aber bitte auch von Anfang an. Beim Essen soll er nicht betteln, also geben Sie ihm auch nichts, auch nicht jetzt, "weil er doch noch so klein ist". Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Konsequenz ist wichtig, und zwar vom ersten Tag an. Dann bleibt einem später so manches Problem erspart.

Welpenspielgruppen und Prägungsspieltage
Für sehr wichtig halte ich es, mit dem Welpen bald (d.h. etwa ein bis zwei Wochen nach seinem Einzug) Prägungsspieltage und/oder zumindest Welpenspielstunden zu besuchen, und zwar regelmäßig. Selbst wenn man selbst oder der Züchter mehrere Hunde(-rassen) hält, mit denen der Kleine Kontakt hat, kann man ihm doch nie die Vielfalt an Rassen und ihm fremden Hunden (sein eigenes Rudel kennt er ja) bieten, auf die er beim Welpenspielen trifft. Und an etwa gleichaltrige Spielkameraden wird es in der Regel bei normalen Spaziergängen – die ja ohnehin noch sehr kurz ausfallen müssen – auch fehlen. Am vernünftigsten scheinen mir solche Spielgruppen, in denen nicht nach großen und kleinen Rassen getrennt wird, da es für die Welpen sehr wichtig ist, das ganze Spektrum ihrer Spezies kennenzulernen. Schließlich soll der Kleinhund später nicht jedes Mal in Panik ausbrechen, wenn er mal einen Großen trifft, bzw. der Große den Kleinen nicht eben auf die Schnelle mit einem Häschen o.ä. verwechseln. Außer Spielen mit anderen Welpen erwarten Ihren Hund dort auch die ersten kleineren Übungen, wie z.B. das Herankommen, wenn man ihn ruft (nicht enttäuscht sein, IWs haben da bereits in diesem Alter oft schon die Ruhe weg, während die anderen eiligst zu ihren Besitzern wuseln). Außerdem werden sie normalerweise in jeder Stunde mit neuen Situationen konfrontiert, die einen Hund erschrecken könnten (z.B. ein als "Gespenst" verkleideter Mensch mit einem Leintuch, ein plötzlich über dem Hund aufschnalzender Automatik-Regenschirm etc.). Dies hat den Zweck, den Hund zu einem unerschrockenen Kameraden zu machen, der auch in neuen, etwas unheimlichen oder geräuschstarken Situationen gelassen bleibt (und weder aus Angst "auf Mama’s Schoß springt", noch dem harmlosen Passanten mit dem Regenschirm oder wem auch immer an die Gurgel geht).

Auswahl der Hundeschule
Die Hundeschule, die man zu diesem Zweck besucht, sollte man sich möglichst schon aussuchen, bevor der Welpe ins Haus kommt, denn sonst wird die Zeit zum Suchen leicht zu kurz. Bei der Auswahl einer Hundeschule gilt es, größte Vorsicht walten zu lassen, auch mal vorab bei Stunden zusehen (nicht nur bei Welpenstunden, sondern auch beim Unterricht für erwachsene Hunde, das ist oft viel aufschlußreicher!). Manche sind gar zu sehr auf Drill bedacht (das liegt dem IW gar nicht – und dem typischen Besitzer dieser Rasse auch nicht; bei Hundeschulen, die auch Schutzhund-Ausbildung machen, kommt das häufig vor), andere wieder gehen die Sache etwas zu locker an (Konsequenz und ab und an wohl auch ein bißchen Strenge müssen schon sein) und sind nicht viel mehr als ein "Plauderstündchen mit Hund". Wo mit Stachelhalsband, Elektroschock, Knüppel etc. gearbeitet wird, mache man sowieso auf der Stelle kehrt, denn das sind keine geeigneten Erziehungsmethoden, und schon gar nicht für den sensiblen Irish Wolfhound. Selbst wenn diese Methoden bei den Welpenspielstunden nicht zum Einsatz kommen, fehlt es bei solchen Hundeschulen schlicht an der richtigen Einstellung und dem nötigen Einfühlungsvermögen, und man sollte sie deshalb generell meiden.

Tierarztbesuch
In der Anfangszeit ist auch der erste Tierarztbesuch fällig, und von dem kann es abhängen, wie leicht oder schwer Sie und Ihr Tierarzt es künftig mit dem Hund haben werden. Sorgen Sie dafür, daß es für den Hund ein angenehmes Erlebnis wird! Den größten Beitrag dazu können Sie leisten, indem Sie Ihre eigene Einstellung zum Thema Arztbesuch neu überdenken. Wenn Sie denken: "Der arme Hund muß zum Tierarzt, da kriegt er womöglich auch noch eine Spritze, und beim Tierarzt haben sowieso alle Tiere Angst, das spüren die schon beim Betreten der Praxis" etc., ist es kein Wunder, wenn Ihr Hund sich fürchtet, denn er spürt Ihre Gefühle und Ihre Unsicherheit ganz genau. Denken Sie lieber eher so: "Heute gehen wir zum Tierarzt, das ist ein neuer Freund für meinen Hund, der hilft, ihn gesund zu halten. Da gibt es nette Menschen, gute Leckerlies, und wenn mein Hund mal krank wird, wird er alles tun, um ihn wieder gesund zu machen." Und wegen der Spritze brauchen Sie sich auch keine Gedanken zu machen: den kleinen Einstich spüren Hunde in der Regel kaum. Sie sind da viel klüger als die meisten Menschen und machen sich nicht vorher schon Gedanken, daß die Spritze ja weh tun könnte – und deshalb tut sie es auch nicht. Wenn Ihr Veterinär und seine Helferinnen dann noch nette und verständnisvolle Menschen sind, die sich auch die Zeit nehmen, Ihren Welpen ein bißchen zu streicheln und ihm vielleicht ein kleines Häppchen zum Naschen geben, wird sich Ihr Hund Zeit seines Lebens über Tierarztbesuche freuen, auch wenn er später irgendwann dort doch einmal schmerzliche Erfahrungen machen mußte.

Positive Einstellung
Mit einer ähnlich positiven Einstellung wie den Tierarztbesuch sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Hund alle neuen Dinge und Situationen angehen. Hunde übernehmen da unglaublich viel von ihren Besitzern, ob diese das wollen oder nicht, so daß man ihnen eine positive Haltung durchaus "vorleben" kann – oder eben auch das Gegenteil davon. Vermeiden Sie überhaupt so lange wie möglich, daß Ihr Hund negative Erfahrungen mit anderen Hunden oder mit Menschen macht. Wenn er solche dann später, als bereits gefestigter Hund, einmal machen muß, wird er auch Negatives meist gut wegstecken, während bei einem jungen oder aus sonstigen Gründen noch etwas unsicheren Hund solche Erlebnisse einen bleibenden "Knacks" verursachen können. Seien Sie also vorausschauend, schätzen Sie die Situationen im Vorfeld ab, aber gehen Sie nicht ängstlich mit Ihrem Hund in die Welt hinaus. Haben Sie ruhig ein bißchen Vertrauen in Ihren Welpen, der schafft das schon, und wenn Sie keine Angst haben, hat er meist auch keine! Und wenn doch einmal ...

Richtig reagieren auf Furcht oder Aggression - gleich von Anfang an!
Und genau hier passieren vermutlich die meisten Fehler in der Hundeerziehung. Früher oder später wird der Zeitpunkt kommen, zu dem sich der Welpe vor etwas erschreckt oder fürchtet. Je nach Situation und individueller Veranlagung, vielleicht auch mehr zufällig, wird er darauf mit einer dieser beiden Verhaltensweisen reagieren: Angst oder Verteidigung/Angriff. Das klingt vielleicht dramatischer als es dann tatsächlich ausfällt, oft wird es nur ein Zurückweichen oder ein leises Knurren sein. Doch diese auch noch so kleinen Zeichen jedes Mal zu erkennen und auch schon beim ersten Mal richtig darauf zu reagieren, kann ganz entscheidend für die Entwicklung Ihres Hundes sein.

Reagiert der Hund eher ängstlich, sollte man ihn zwar beruhigen, vielleicht sogar in etwas scherzhaftem Ton, so als ob man sich leicht über ihn amüsiere (nicht schallend auslachen!), aber keinesfalls gleich tröstend in den Arm nehmen oder ein allzu großes Aufhebens davon machen. Das würde Ihren Hund nur in der Annahme bestätigen, daß es sich um eine echte Gefahr handelt, bzw. gibt es auch ein paar ganz schlaue Kerlchen, die mit der Zeit herausfinden, daß sie jedesmal geherzt und gekost werden, wenn sie ängstlich tun, und deshalb immer öfter den "armen Angsthasen" mimen. Versuchen Sie lieber, wenn möglich, ihn an das heranzuführen, was ihn erschreckt hat (wenn es nicht gerade ein vorbeidonnernder Güterzug o.ä. war). Angenommen es war ein Schneemann, der eines schönen Tages am Rand des üblichen Spazierweges steht. So ein völlig kaltes und regungsloses Etwas mit aber doch irgendwie menschenähnlicher Gestalt, das plötzlich und unerwartet auf dem ansonsten vertrauten Weg steht, kann schon mal beunruhigend auf einen Hund wirken. Mit einem ermunternden "Ach komm, ist doch nicht so schlimm! Den sehen wir uns jetzt mal genauer an", und vielleicht noch einem kleinen Belohnungshäppchen locken sie den Hund hin, damit er das "Ungeheuer" beschnüffeln kann und sich von seiner Harmlosigkeit überzeugt. Gehen Sie selbst auch hin, berühren Sie den Furchtauslöser. Locken (vielleicht auch ein bißchen schieben) Sie den Hund, aber nicht gewaltsam zwingen! Sie können das Leckerchen auch so auf dem Schneemann plazieren, daß der Hund es sich von da holen muß. Wenn der Hund sich mit dem Objekt auseinandergesetzt hat, wird er gelobt, und nach Möglichkeit geht man beim Rückweg noch einmal daran vorbei. Jetzt sollte es schon besser gehen. Wenn nicht, wiederholen wir die Prozedur von vorhin. Keinesfalls in Panik einen Bogen drum rum machen, "damit der arme Hund sich nicht noch einmal erschreckt". Der Hund soll ja lernen, daß das Ding harmlos ist, und daß ihm in Ihrer Begleitung sowieso nichts passieren kann. Wenn Sie mehrere Hunde haben, unternehmen Sie ganz bewußt gelegentlich mit jedem von ihnen – und vor allen Dingen auch mit dem Neuling – einzeln etwas, damit keiner sich angewöhnen kann, sich hinter seinen Rudelgenossen zu verstecken, wenn er sich mal unsicher fühlt.

Geht die Reaktion des Hundes mehr in Richtung Aggression, d.h. Zähne zeigen, Knurren o.ä., beispielsweise wenn er einen fremden Hund trifft, müssen Sie blitzschnell reagieren. Ein sehr scharfes und deutliches "Nein!", ein strenger Ruck am Halsband, ein wirklich fester Schnauzengriff, den der Hund ruhig auch richtig spüren darf. Und stellen Sie sicher, daß Ihr Hund weiß, daß er gemeint ist und nicht der andere! Hier werden ganz häufig Fehler gemacht. Die einen sind insgeheim etwas stolz auf ihren "mutigen Welpen, der schon die großen anknurrt", und verkennen dabei völlig die Situation, nämlich daß er es vermutlich aus Unsicherheit tut und damit alles andere als ein Held ist (außerdem wäre es selbst dann kein Grund für Stolz oder Freude, wenn andere Motive als Angst dahinterstünden), die anderen finden es nur einfach amüsant (doch auch das ist es nicht). Dadurch fallen die "Neins" dann meist viel zu weich aus, wenn denn überhaupt etwas derartiges kommt, und verfehlen ihre Wirkung total, weil der Hund genau merkt, daß sein Besitzer sein Verhalten eigentlich gut findet. Anderen Hundebesitzern hingegen ist das Verhalten ihres Hundes zwar wirklich unangenehm, aber sie reagieren gerade deshalb genauso falsch. Mit sanfter Stimme versuchen sie, ihren Hund zu beruhigen, und der empfindet das dann natürlich auch eher als Lob denn als Tadel. Dem Hund vor anderen Leuten mal ernsthaft (und womöglich etwas lautstark) die Meinung zu sagen, ist ihnen zu peinlich. Wer auch eher so veranlagt ist, sollte sich einmal überlegen, wie peinlich es erst noch werden kann, wenn dieses Verhalten zur Dauergewohnheit wird, dann fällt es sicherlich leichter. Ob nun stolz, amüsiert oder peinlich berührt, die hier geschilderten Fehlreaktionen bestärken den Hund nur noch. Er fühlt sich für sein Verhalten gelobt, der angeknurrte Hund (oder noch schlimmer: Mensch – dann müßte dem Hund noch viel deutlicher gemacht werden, daß er etwas wirklich ungeheuerliches getan hat, und daß Sie das keinesfalls dulden) weicht vielleicht sogar noch zurück. Der Missetäter hat also Erfolg mit seiner Strategie gehabt, und behält sie künftig bei, sobald ihm etwas unheimlich erscheint oder etwas nicht paßt, vor allen Dingen dann, wenn er bei seinen nächsten "Versuchen" wieder genauso gut damit fährt. Je erwachsener er wird, desto schlimmer wird es, und bald hat er gelernt, daß er so alles und jeden in Schach halten und tyrannisieren kann. Er wird sich vielleicht auch zum Raufer entwickeln oder Menschen bedrohen, und in Anbetracht seiner Größe ist dies dann bei einem IW natürlich besonders untragbar. Auch bei seinen eigenen Besitzern macht er da womöglich keine Ausnahme, denn die haben sich ja als untauglich zum Rudelführer erwiesen und müssen sich ihm ebenfalls beugen. Dies kommt gelegentlich bei Leuten vor, die eigentlich sowieso Angst vor Hunden haben, und sich nur deshalb einen Irish Wolfhound kaufen "weil der ja so lieb ist". Sie trauen sich dann einfach nicht, dem aufmüpfigen Welpen/Junghund entschieden und eindeutig entgegenzutreten, wenn es doch einmal nötig sein sollte. Sie reagieren aus Schreck und Unwissenheit bereits von Anfang an völlig falsch, und schon hat der Hund das Kommando übernommen. Dann ist die Verzweiflung groß, denn auch der Hund wird immer größer und ebenso die Angst vor ihm. Ein Teufelskreis entsteht. Hätten sie gleich zu Beginn richtig reagiert, wäre es vermutlich zu gar keinen "Wiederholungstaten" gekommen (oder höchstens noch ein bis zwei Mal), weil die Rangverhältnisse eindeutig geklärt wären – und das Thema wäre für alle Zeiten erledigt. Diese Menschen verkennen völlig, daß auch ein IW ein Hund ist, der eine Rangordnung braucht, auch wenn er von Natur aus weniger als die meisten anderen Hunderassen zu Dominanzgebaren oder gar Aggressivität neigt. Bei genauerer Betrachtung ist es ja auch nicht grundlose Aggressivität, die hier vorliegt, sondern eben nur das Dominanzverhalten eines Leittieres gegenüber seinen Rudelgenossen, die in seinen Augen "nicht spuren". Der Hund will nichts anderes als Ordnung schaffen, da sein Besitzer dies versäumt hat.

Gezieltes Training
Bei Hunden, die zum Anknurren von Artgenossen oder gar Menschen neigen, läßt sich, zumindest in der Jugend, durch absichtliches, abgesprochenes Herbeiführen solcher Situationen mit wesensfesten Hunden und/oder unerschrockenen (dem Hund weitgehend fremden!) Personen auch noch ganz gut ein besseres Verhalten gezielt einüben. Solange der Hund keine Aggression zeigt, wird beruhigend und lobend auf ihn eingeredet; man hält sich aber allzeit bereit, im Falle eines Falles sofort auf einen äußerst scharfen Ton (und dabei unbedingt den Hund direkt ansprechen, damit er nicht glaubt, Sie würden gemeinsam mit ihm den anderen "anknurren"!) umzuschalten und das aggressive Verhalten zu unterbinden.

Wenn Ihr Hund nur dann andere Hunde anknurrt, wenn diese zuerst knurren, ist dies ein natürliches Verhalten und er noch lange kein Verbrecher. Er verteidigt sich ja nur (wenn es für einen wirklich souveränen IW auch angemessener wäre, so etwas einfach zu ignorieren). Schon um Eskalationen zu vermeiden, (und klarzustellen, daß Sie Knurren u.ä. generell nicht ausstehen können) ist es aber sinnvoll, ihn dafür trotzdem immer zu verwarnen, und dem Kontrahenten etwas aus dem Weg zu gehen.

Gezielte Vorbeugemaßnahmen sind das sogenannte Tabuisieren von Gegenständen (Spielzeug oder Futter wird vor den Hund gelegt, aber er darf es nicht nehmen, solange es ihm nicht erlaubt wird) bzw. das Wegnehmen des Lieblingsknochens, während der Hund gerade genüßlich daran kaut. Beim Tabuisieren macht man dem Hund deutlich, daß man in der Rangordnung über ihm steht. Auch erwachsene Hunde tun dies auf diese Weise mit Welpen. Beim Wegnehmen des Knochens kann man sich selbst vorher"seelisch darauf einstellen", was zu tun ist, wenn der Hund es sich nicht gefallen lassen sollte und knurrt oder gar zuschnappen möchte. Ein weiterer Vorteil ist, daß man an der Reaktion des Hundes ein Stück weit einschätzen kann, wie die Rangordnung tatsächlich aussieht bzw. was für ein "Typ" der Hund ist.

Auch bei Irish Wolfhounds gibt es weichere Charaktere, bei denen schon ein minimales Anheben der Stimme oder ein böser Blick genügen, um sie zur Ordnung zu rufen, und eigensinnigere Naturen, die eine etwas strengere Erziehung benötigen. Der individuellen Veranlagung sollte bei der Erziehung eines jeden Hundes immer Rechnung getragen werden, da man mit der richtigen "Dosis" an Strenge sehr viel erreichen kann, mit der falschen (zu wenig oder zu viel) jedoch auch mindestens ebensoviel verdirbt.

Reagiert der Hund also mit Knurren oder versucht, nach Ihnen zu schnappen, wenn Sie ihm den Knochen wegnehmen wollen, müssen sie blitzschnell sehr scharf reagieren und ihn auf der Stelle unterwerfen. Er muß begreifen, daß Aggression gegen seinen Besitzer das schlimmste ist, was er überhaupt tun kann, und daß er das niemals darf. Anschließend sollte man mit eben diesem Knochen auch noch das Tabuisieren durchführen.

Auf keinen Fall dürfen Sie bei diesen Übungen Angst haben oder gar zeigen (das würde der Hund merken). Bei einem jungen Hund sollte das nicht allzu schwierig sein, zumindest wenn man vorbereitet und mit der richtigen Einstellung (also beherzt) an die Sache herangeht. Lernen, daß man Menschen nicht anknurrt oder beißt (nicht einmal zwickt), und schon gar nicht den eigenen Besitzer (auch nicht im Spiel, was Hunde untereinander durchaus scherzhaft tun und auch tun dürfen, was aber auch ganz deutlich von ernstem Knurren und Beißen unterscheidbar ist), ist eines der wichtigsten Dinge, die ein Hund lernen muß, um ein verläßlicher und umgänglicher Zeitgenosse zu werden.

Wenn Ihr Hund sich den Knochen schon von Beginn an anstandslos wegnehmen läßt (was bei vielen IWs der Fall ist), ist es natürlich am besten und einfachsten für Sie beide. Trotzdem wiederholt man das Knochen-Wegnehmen und das Tabuisieren je nach Bedarf alle paar Tage, Wochen oder Monate, bis der Hund auch im Kopf wirklich erwachsen ist; entweder, um es ihm beizubringen, oder aber nur um gelegentlich zu prüfen, ob er nicht zwischenzeitlich doch noch "Allüren" bekommen hat, denen man dann entsprechend begegnen muß. Mit beiden Übungen sollte man beginnen, sobald sich der Welpe ein bißchen in seinem neuen Heim eingelebt hat, also nach etwa 2 bis 3 Wochen (das muß individuell entschieden werden, sollte aber auch nicht zu lange aufgeschoben werden, da es mit zunehmendem Alter und Größe nicht leichter wird).

Es führt kein Weg daran vorbei: der Hund muß von Anfang an lernen, daß der Mensch über ihm steht. Das hat nichts mit Unterdrückung zu tun und ist durchaus auch bei einer sehr liebevollen Mensch-Hund-Beziehung möglich, ohne im geringsten Widerspruch dazu zu stehen.

Das Halsband
Ergänzend hier noch ein paar Worte zum Halsband, weil man da oft die abenteuerlichsten Dinge beobachten kann: Ab einem Alter von ca. 6 Monaten wird es Zeit, dem jungen IW ein Zughalsband anzulegen, wenn man mit ihm unterwegs ist (der Hund muß ja nicht unbedingt regelmäßig die Erfahrung machen, daß er sowieso viel stärker ist als Sie) – und dies dann auch auf Zug einzustellen! Es dient nicht zuletzt auch der Sicherheit des Hundes, da man ihn so im Falle eines Falles doch wesentlich leichter kontrollieren kann und die Hundekräfte in diesem Alter doch schon ganz erheblich sind, jedenfalls genug, um sich loszureißen – oder bei einem normalen, vielleicht auch noch zu locker sitzenden, Halsband durch kurzes Einlegen des Rückwärtsgangs herauszuschlüpfen – um dann vor ein Auto zu laufen o.ä. Das Zughalsband beengt den Hund, wenn er brav an der Leine geht, in keinster Weise – und wenn er an der Leine zieht "wie ein Ochse", schadet es nicht, wenn es etwas unangenehmer für ihn wird (wobei ein scharfer Ruck beim Leineziehen angesagt ist, denn an den gleichmäßigen Dauerdruck, der durch den bloßen Zug des Hundes entsteht, kann er sich mit der Zeit auch gewöhnen – und das soll er ja nicht). Zieht er gar zu gern und arg an der Leine, kann man es auch mit einem sogenannten "Halti" versuchen (aber auch das spart nicht die Erziehung, denn besonders schlaue Hunde entwickeln eine spezielle "Zug-Trotz-Halti- Technik" – und selbst wenn nicht: man möchte ja nicht für immer mit Halti herumlaufen). Stachelhalsbänder und ähnliche Folterwerkzeuge benötigen wir nicht.

Hundesport im weitesten Sinne
Der Besuch eines Grunderziehungskurses für Junghunde kann ab etwa 6 Monaten ebenfalls begonnen werden. Auch wenn man schon viel Hundeerfahrung hat, kann ein solcher nicht schaden, da man selbst auch viel dazulernen, bzw. auffrischen kann, und manche Dinge in der Gruppe einfach viel besser geübt werden können. In wie weit man dann noch zusätzliche Kurse absolviert, hängt von einem selbst – und vielleicht auch vom Gehorsam des Hundes – ab. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mit seinem Hund etwas Hundegerechtes zu unternehmen, das Spaß macht und vielleicht auch noch erzieherischen Wert hat. Die intensive Beschäftigung mit dem Hund, die Zusammenarbeit mit ihm im Team, die so in dieser speziellen Weise eigentlich fast nur bei diversen (im weitesten Sinne) hundesportlichen Aktivitäten voll zum Ausdruck kommt, fördert die Beziehung Mensch-Hund, wenn sie richtig angegangen werden, d.h. hundepädagogisch richtig aufgebaut, mit spielerischen Aspekten "gewürzt", ohne falschen oder übertriebenen Ehrgeiz und ohne den Hund zu überfordern.

Zunächst einmal sollte ein Irish Wolfhound – von Grunderziehungskursen (ohne Springen und andere körperliche Überbelastungen!) und anderen "ruhigeren" Tätigkeiten einmal abgesehen – körperlich voll erwachsen sein, bevor an Hundesport mit ihm gedacht wird, d.h. 1,5 bis 2 Jahre alt, um ihn nicht zu schädigen. Dann kann man für sich und ihn je nach Geschmack – und stellenweise mit gewissen Einschränkungen – u. a. aus folgenden Angeboten auswählen:

Last but not least die Hundesportarten unseres Verbandes DWZRV.

Es gibt noch unzählige andere Möglichkeiten, sich mit seinem Hund spielerisch, sportlich und erzieherisch zu betätigen, z.B. das Clickertraining (was ich mir aber etwas schwierig vorstelle, wenn man mehrere Hunde hat). Oder wie wäre es mit "Heelwork with Music", einer Art "Tanzen mit dem Hund".

Spaß und Abwechslung für Mensch und Hund
Finden Sie heraus, was Ihrem Hund und Ihnen Spaß macht, und was den Talenten Ihres Hundes am meisten entspricht. Bleiben Sie dabei aber immer "auf dem Teppich", überfordern Sie Ihren Liebling nicht, betreiben Sie nichts aus purem Ehrgeiz, sondern zum Vergnügen Ihres Hundes – und zu Ihrem eigenen. Sie werden sehen, daß Sie so die meiste Freude und die größten Erfolge haben können.

Selbst wenn Sie sich zu keiner der sportlichen Aktivitäten durchringen können, sollten Sie Ihren Hund nicht "auf dem Sofa verstauben" lassen. Reichlich Bewegung (Spaziergänge oder Radfahren mit dem Hund) sind für Ihrer beider Gesundheit wichtig. Sorgen Sie auch dafür, daß Ihr Hund regelmäßig Kontakt zu anderen Hunden und Menschen hat (die nicht zum eigenen Haushalt gehören), mit denen er auch spielen kann, daß er auch gelegentlich mal "was erlebt" (es müssen keine Sensationen sein, nur etwas Abwechslung), und "arbeiten" und spielen Sie auch selbst immer wieder mit ihm, z.B. mit ein paar Gehorsamkeitsübungen oder indem Sie ihm kleine Kunststückchen beibringen etc. (aber nicht stundenlang das gleiche oder nur noch den ganzen Tag rumkommandieren – das langweilt ihren Hund schnell, und dann wird er irgendwann nicht mehr mitmachen und überhaupt nicht mehr gehorchen). Auch der gemütlichste IW freut sich über Beschäftigung; das fordert seine Intelligenz und gibt ihm Selbstbestätigung. Schüchterne Hunde gewinnen dadurch häufig mehr Selbstvertrauen (auch, so seltsam das klingen mag, durch die sogenannten Unterordnungsübungen, weil sie Erfolgserlebnisse haben und sehen, daß sie einen tauglichen Rudelführer haben), und die etwas gar zu temperamentvollen Burschen finden einen Kanal für überschüssige Energie, wobei gleichzeitig die Ordnung im Rudel Mensch-Hund immer wieder automatisch gefestigt wird. Strafen Sie ihren Hund nicht, wenn er etwas nicht gleich auf Anhieb kann; besonders beim IW erreicht man mit Lob für jeden kleinen Fortschritt und Aufmunterung viel mehr.

Der leicht erziehbare Irish Wolfhound
Richtig sozialisiert, erzogen und behandelt ist der Irish Wolfhound der wundervollste Hundecharakter, den man sich vorstellen kann. Sein Wesen war es auch, warum ich mich ausgerechnet in diese Rasse verliebt habe – und vielen anderen ist es ähnlich ergangen. Dank seiner rassebedingten Veranlagung und seiner leichten Erziehbarkeit ist es auch gar nicht schwierig, ihn der umgängliche und gesellschaftsverträgliche Hund sein zu lassen, der er ist – wenn man nur ein paar schwerwiegende Fehler vermeidet. Das Wesen eines Hundes ist viel leichter zu beeinflussen als z.B. Schönheit oder Gesundheit. Da können wir uns nur bemühen, wissen aber nie, was die Natur, die Genetik, die Umweltverschmutzung etc. uns für Streiche spielen, welche Ergebnisse die einzelnen Kombinationen hervorbringen werden; bestenfalls können wir es erahnen. Beim Wesen hingegen können wir unseren Einfluß voll geltend machen – im positiven wie im negativen Sinne. Natürlich soll und kann man durch Erziehung keinen strahlenden Helden aus einem eher zurückhaltend veranlagten Hund machen, und das Temperamentsbündel wird auch nicht zum schüchternen Mauerblümchen. Das ist nicht das Ziel. Die individuellen Charaktereigenschaften des Hundes muß man respektieren, aber man kann ihn fördern. Und man kann aus wohl jedem Irish Wolfhound einen zuverlässigen und sicheren Familienhund machen, wenn nur die Bedingungen von Jugend auf gut sind, also die drei Säulen (s.o.) des Hundecharakters als tragfähiges, solides Fundament vorhanden sind. Die Erziehung soll keinesfalls den individuellen Charakter des Hundes zerstören. Unsere Hunde sollen nicht als willenlose Schattengestalten durch’s Leben schleichen oder akkurat wie Maschinen funktionieren. Sie sollen nicht unterdrückt werden, sondern als glückliche und selbstbewußte Hausgenossen mit uns zusammenleben. Schließlich sind sie Lebewesen mit einer sehr liebenswerten Seele. Sie sollen sich zu wesensfesten, angenehmen Hundepersönlichkeiten entwickeln, die sich in die Gesellschaft einfügen, um in ihr auch weiterhin bestehen zu können. Und klug wie sie sind, tun sie dies auch bereitwillig, wenn man ihnen nur ein bißchen zeigt, wie’s geht. Die Verantwortung dafür liegt also ganz in unseren Händen, denen der Züchter und Halter, und zwar bei jedem einzelnen.

Erziehung und Rassestandard
Nicht zuletzt sind wir es auch dem Rassestandard schuldig, den Irish Wolfhound richtig zu erziehen. Dort steht zwar auf den ersten Blick nichts über sein Wesen, aber bei näherer Betrachtung doch eine ganze Menge: commanding appearance (gebieterische Erscheinung) wird da gefordert, und zwar ziemlich weit oben, ebenso wie in der "List of Points in Order of Merit" (Punkteliste in Reihenfolge der Wichtigkeit), gleich unter Punkt 2. "Commanding appearance" kann ein Hund mit z.B. nicht ganz optimalen Ohren, einer schlechten Rutenhaltung oder einem Zahnfehler durchaus haben, vielleicht sogar einer mit etwas krummen Beinen – aber niemals ein ängstlicher oder gar aggressiver Hund, und auch keiner, der einfach nur total unerzogen ist! Gebieterische, d.h. majestätische Erscheinung hat nur ein gelassener, wesensfester Hund, der durchaus lebhaft sein kann, auch mal herumalbert und spielt, der aber auch eine gewisse Ruhe ausstrahlt und sich schlicht in jeder Lebenslage zu benehmen weiß (wie man es eben von Majestäten erwartet). Diesem Punkt des Standards sollten wir – um jedes einzelnen Irish Wolfhound Willen, und auch in unserem eigenen Interesse – viel mehr Beachtung schenken, um das zu bewahren, was den "Sanften Riesen" so berühmt und begehrt gemacht hat, und wofür wir ihn alle so sehr lieben: sein großartiges Wesen.

 

Literaturangaben:
Stanley Coren: Die Intelligenz der Hunde, Rohwolt Verlag 1997
Malcolm B. Willis: Genetik der Hundezucht, Kynos Verlag 1994
Hellmuth Wachtel: Hundezucht 2000, Gollwitzer Verlag 1997
Dr. Sharon Lynn Vanderlip: Hundezucht – Therapie – Genetik für Tierärzte und Züchter am Beispiel Collie, 1985